Die LANXESS arena prägt seit gut zwei Jahrzehnten die Skyline von Köln. Nach wirtschaftlich schwierigen Anfangsjahren hat sich die privat betriebene Veranstaltungsarena in die Top Ten der Welt hochgearbeitet. Eng verbunden mit Deutschlands größter Arena ist Stefan Löcher, der fast von Beginn an die (Erfolgs-)Story mitgeschrieben hat. Der Geschäftsführer der ARENA Management GmbH erklärt im Interview, wie wichtig das Henkelmännchen für Köln ist, aber auch der Standort Köln für die Arena.

Herr Löcher, was waren Ihre persönlichen Konzert-Highlights in letzter Zeit?

2017 war ein sensationelles Jahr mit der besten Auslastung der Unternehmensgeschichte. Zum Beispiel hatten wir an fünf aufeinanderfolgenden Tagen Phil Collins zu Gast. Optimistisch hatten wir dafür sechs Tage geblockt, mit einem Off-Day, aber man weiß vorher nie so ganz, wie ein Künstler angenommen wird. Doch das erste Konzert war nach wenigen Minuten ausverkauft, und so ging es mit den folgenden Terminen weiter. Das war ein absolutes Highlight. Auch 2018 war ein sehr gutes Eventjahr mit jeweils zwei Shows von U2 und Justin Timberlake sowie tollen Shows von Shakira, Eric Clapton, Roger Waters, Queen und zahlreichen weiteren Stars.

Ein gutes Jahr, auch was die Zahlen angeht?

2017 hatten wir auch aufgrund der Eishockey-Weltmeisterschaft knapp 2,2 Millionen Besucher bei 216 Veranstaltungen, letztes Jahr 1,8 Millionen bei 182 Events – ebenfalls ein absoluter Topwert im weltweiten Vergleich. Das Schöne an der Arena ist, dass wir eine Story haben und den richtigen Weg gegangen sind. Und das nach zehn Jahren akuter Insolvenzgefährdung. 1998 eröffnet, zu 100 Prozent privatwirtschaftlich – was auch nicht so bekannt ist – haben wir es um 2009 geschafft, die Kurve zu bekommen und gehören nun seit vielen Jahren zu den Top Ten weltweit, was die Besucherzahlen angeht.

Die LANXESS arena ist wichtig für Köln, weil …?

Da gibt es mehrere Faktoren. Ich beginne mal mit dem Nicht-Monetären. Die Arena hat eine unglaubliche Strahlkraft. Sie strahlt auch für den Wirtschaftsstandort, wenn ich beispielsweise die Handball-Weltmeisterschaft 2019 sehe, für die wir ja die Hauptrunde durchgeführt haben. Bei den Spielen hatten wir in der Spitze 13 Millionen Fernsehzuschauer, und jeder wusste, dass diese Veranstaltung in der Kölner LANXESS arena stattfindet. Das ist enorm und teilweise mehr als beim Fußball. Oder die Eishockey-Weltmeisterschaft 2017, da schauten eine Milliarde kumulierte TV-Kontakte auf Köln. Gehen wir online, wenn wir die ESL E-Gaming-Meisterschaft austragen, erleben weltweit kumuliert 50 Millionen Menschen an einem Wochenende dieses Event live mit. Unabhängig davon, dass wir hier ausverkauft sind. Wir glauben deshalb schon, dass wir der prägende Player des Kölner Event- und Sport-Portfolios sind. Der Bekanntheitsgrad der LANXESS arena, früher ja Kölnarena, ist mittlerweile in ganz Deutschland enorm hoch.

Neben Eishockey spielt Handball eine herausragende Rolle bei den Sportereignissen?

In der Handballszene spricht man mittlerweile ja schon vom Handball-Tempel. Vielleicht konnten wir auch deshalb ganz aktuell das „EHF FINAL4“ (Anm. d. Red.: Das Finale der Handball Champions League) bis 2024 verlängern. Im Indoor-Sport ist das weltweit eines der drei bedeutendsten Turnierformate. Darum buhlt jede europäische Großstadt. Uns ist es als LANXESS arena gemeinsam mit der Stadt und dem Land gelungen – wir sind hier als Verbund übrigens super aufgetreten – diesen Event langfristig an uns zu binden. Als wir das erste Mal das FINAL4 durchgeführt haben, hätte keiner im Traum daran gedacht, dass dieses tolle Format bis 2024 in Köln bleiben könnte.

Wie wichtig ist die LANXESS arena für den Wirtschaftsstandort Köln?

Blicken wir auf die Zahlen, sehen wir unter anderem, dass wir 400.000 bis 500.000 Hotelübernachtungen pro Jahr in die Stadt bringen. Uns liegen Untersuchungen vor, wo unsere Gäste herkommen. Und uns gelingt es immer häufiger, exklusive Deutschland- und einzige NRW-Konzerte nach Köln zu holen. Das bedeutet im Umkehrschluss, wir haben viele Gäste, die das Konzert mit einer kleinen Reise und ein, zwei Übernachtungen in Köln verbinden. Allein bei der Eishockey-WM haben wir alle Hotels in Köln gefüllt. Aber auch so aufs Jahr gesehen lösen wir einen erheblichen Tourismusfaktor aus. Wir sagen, dass wir jedes Jahr viele hunderte Millionen Brutto-Umsatz nach Köln holen: Hotel, Gastronomie, Einzelhandel, Öffentlicher Nahverkehr und viele mehr.

Und diverse Dienstleister, mit denen Sie arbeiten?

Ja, das kommt ja noch hinzu. Wir haben alleine 350 Mitarbeiter, aber wenn wir alle Dienstleister mitrechnen, sind wir sicher an einem Veranstaltungsabend bei 1.000 Mitarbeitern, die direkt oder indirekt eingebunden sind. Wir bilden hier übrigens auch umfangreich aus: Veranstaltungstechniker, Veranstaltungskaufleute, Systemgastronomen – alles, was es bei uns so gibt. Es ist wie die Bewirtschaftung einer Kleinstadt mit 18.000 Menschen – mit Feuerwehr, Sanitätern, Reinigung – und ist deshalb ein Wirtschaftsfaktor aufgrund der Arbeitsplätze, aber auch wegen der Umsätze hier in der Stadt. Und ich will auch den Bezug zum Namensgeber nicht vergessen. LANXESS, mit Standort in Köln, ist ein bedeutender Steuerzahler in der Stadt und der Region, auch dadurch gibt es eine enge partnerschaftliche Beziehung. Im Endeffekt generieren wird gewaltige Umsätze und haben eine riesige Werbe- und Außenwirkung für Köln.

Wie gut ist der Standort für die LANXESS arena?

Der Standort Köln-Deutz ist natürlich ein Traum. Köln ist insgesamt ein guter Standort für Events und Sport-Großereignisse. Darüber hinaus spielt natürlich auch das direkte Einzugsgebiet mit über 100 Millionen Einwohnern im Umkreis von 100 Kilometern eine gewichtige Rolle.

Das hätte man vor 20 Jahren noch nicht mit Sicherheit so sagen können, oder?

Nein, ich bin hier früher immer mit dem Fahrrad zur Uni vorbeigefahren, bis 1994. Wenn überhaupt, war hier mal ein Zirkuszelt. Mittlerweile wächst und gedeiht der ganze Stadtteil, auch das benachbarte Kalk mit den neuen Wohnvierteln und Bürogebäuden. Ich glaube, dass der gesamte Bereich hier in ein paar Jahren in einem Atemzug mit der Innenstadt genannt wird.

Andere vergleichbare Hallen liegen nicht in einer so zentralen Lage.

Die zentrale Lage ist extrem gut, im Vergleich mit anderen Städten stehen wir da sehr gut da. Auch wenn so eine Arena auf dem grünen Feld auch so ihre Vorteile hat. Zum Glück haben wir, was Parkkapazitäten angeht, keine Engpässe, weil wir hier auch gut kooperieren mit dem Parkhaus der Köln Arcaden, falls unsere eigenen Parkhäuser mal zu voll sein sollten. Daraus ergeben sich auch manche Synergien, wir ergänzen uns gegenseitig.

Dann ist da ja noch der Deutzer Bahnhof direkt gegenüber …

Deutzer Bahnhof, Hauptbahnhof, Flughafen, diverse ober- und unterirdische U-Bahn- und Straßenbahnlinien, das ist schon gut. Auch die fußläufig zu erreichende Altstadt spielt natürlich eine Rolle.

Welche Veranstaltungssparte macht denn den meisten Umsatz?

Den höchsten Umsatz bringen hochwertige Konzerte, bei denen das Ticket über 100 bis 150 Euro kostet. Davon kommt zwar nicht viel bei uns an, weil wir hiervon nur einen kleinen Teil bekommen. Aber das sind meist ausverkaufte Veranstaltungen mit Gästen, die schon viel für ihr Ticket ausgegeben haben. In der Regel verzeichnen wir da einen hohen Verzehr, denn wir machen die Gastronomie ja komplett in Eigenregie. Hauptumsatzträger ist aber die Miete. Es sei denn, wir sind selbst Veranstalter, was auch häufig der Fall ist. Wir sind dann Co-Promoter und gehen selber mit ins Risiko. Merchandise und Parkhausgebühren sind weitere Faktoren. Hinzu kommt der Logenverkauf, der sehr gut funktioniert. Bei uns ist eine Besonderheit, dass man eine Loge individuell als Party- oder Eventloge buchen kann. 40 bis 50 Prozent der Logen sind hingegen dauerhaft verkauft.

Wird das auch von Unternehmen gern genutzt? Ist dieser Businessbereich ein relevanter Umsatzbringer?

Ja, wir haben sowohl Logen als auch sogenannte Premium-Seats. Diese verkaufen wir mit Gastronomie im Vorfeld im Backstage-Restaurant. Das nennt sich Kombiticket. Dabei haben wir Gaststrukturen vom ganz normalen Privatkunden über mittelständische Unternehmen, die hier eine Betriebsfeier oder Ähnliches feiern, bis hin zum Konzern. Für uns ist diese Kategorie sehr wichtig in der Vermarktung.

Stefan Löcher (l.) im Gespräch mit KM-Redakteur Marko Ruh.

Sind große Firmenveranstaltungen wie eine Aktionärsversammlung ebenfalls von Bedeutung?

Die Betriebsfeiern eher. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel drei große Firmenveranstaltungen durchgeführt – jeweils mit ausverkaufter Halle. Da kommen Mitarbeiter aus ganz Deutschland – wieder ein großer Hotel-Effekt. Hierfür zeichnet sich die Multifunktionalität der Arena besonders aus. Morgens gibt es beispielsweise Vorträge, unmittelbar gefolgt von einem Konzert. Da tritt dann mal eben Helene Fischer oder Barbara Schöneberger auf. Wir machen nebenher das Catering für 10.000 bis 14.000 Gäste, von morgens Frühstück über mittags bis in die Nacht, das muss man in der Masse auch erst können. Solche Feiern sind für uns schon ein Riesenthema.

Sind Sie für 2019 schon voll ausgelastet oder geht da noch was?

Wir sind sehr gut gebucht für 2019, aber mehr geht immer. Nach 2017 hängt die Messlatte mit über zwei Millionen Besuchern und 216 Veranstaltungen natürlich unglaublich hoch. Aber dieses Jahr haben wir bereits eine qualitativ und quantitativ sehr gute Auslastung. Wenn ich an die ganzen Konzerte denke, unter anderem mit den Backstreet Boys, ShawnMendes und Udo Lindenberg, oder an regionale Sachen wie Luke Mockridge oder Carolin Kebekus, sind wir wieder auf dem richtigen Weg. Beim Thema Auslastung spielen aber auch kleine Formate in unserer beliebten Theatervariante eine wesentliche Rolle.

So richtige Flops wie Konzerte vor halbleerer Halle haben Sie gar nicht, oder?

Nein, wir genießen einen guten Ruf und generieren gute Abverkäufe. Es bedeutet aber nicht, dass wir nicht auch Events mit 3.000 Besuchern abwickeln. Denn 30 Prozent der Events in der Arena führen wir in der sogenannten Theatervariante durch, die wir vor vielen Jahren eingeführt haben. Dabei ziehen wir einen riesigen Vorhang durch die ganze Halle für Veranstaltungen mit 2.000 oder 3.000 Gästen, exemplarisch zum Beispiel mit Dieter Nuhr, das Thriller Musical oder die River Dance Show. Diese Formate bilden wir also auch komplett ab.

Den Eigentümerwechsel Ende 2015 haben Sie damals sehr entspannt kommentiert. Gilt das nach wie vor oder hat sich irgendetwas geändert?

Im Endeffekt sind wir Mieter und Betreiber. Wir sind relativ umfangreich für die Arena zuständig. Es ist ein ganz normales Pachtverhältnis in einer guten Partnerschaft mit dem gemeinsamen Interesse, dass die Arena erfolgreich ist. Und man weiß, dass man natürlich auch in die Arena investieren muss.

Stichwort Investition: Die Eröffnung war am 17. Oktober 1998, also vor gut 20 Jahren. So langsam dürften Sanierungen oder Modernisierungen fällig sein.

Da sind wir stetig dran. Wir machen gerade die Logen komplett neu. Wir haben viele gastronomische Einheiten erneuert, Lounges, die wir umbauen, das Backstage-Restaurant ist neu, ebenso die Clubräume. Wir sind gerade dabei, 18.000 Sitze zu erneuern. Das haben wir bis zum Sommer abgewickelt. Außerdem werden wir in neue LED-Technik investieren, sprich neuer Videowürfel in der Mitte und ein sogenanntes Fascia-Board, das auf eine Logenebene komplett umlaufen wird. Wir werden zudem in noch mehr in unsere Multifunktionalität investieren, damit wir noch flexibler in den Varianten werden. Wir haben also viel vor.

Die LANXESS arena hole jedes Jahr viele Millionen Euro Brutto-Umsatz nach Köln, so Stefan Löcher.

Sie haben die Zukunft demnach fest im Blick und dafür auch das entsprechende Investitionskapital?

Auf jeden Fall. Das Schöne ist, man weiß nach so vielen Jahren relativ sicher, dass jede Investition greifen, sich amortisieren und auch bewähren wird.

Fühlen Sie sich für den nationalen und auch internationalen Wettbewerb gerüstet?

Ja, und das ist ganz wichtig. Klar, viele andere Arenen haben nachgezogen.

Paris?

Paris ist ein gutes Beispiel. Wir leben in einer extremen Wettbewerbssituation, vor allem auch deshalb, weil wir zu den wenigen Arenen gehören, die privatwirtschaftlich betrieben werden. Viele andere, auch in NRW, zum Beispiel in Düsseldorf oder Dortmund, sind städtisch betrieben. Da werden Verluste ausgeglichen, das haben wir nicht. In Paris haben die Stadt und das Land um die 150 Millionen Euro in die Hand genommen. Wir sind also auf keinen Fall auf Rosen gebettet, für uns ist das jeden Tag ein harter Kampf, um am Markt präsent zu bleiben. Diesen Kampf führen wir alleine durch – mit Ausnahmen. Bei Sportveranstaltungen arbeiten wir im Verbund mit der Stadt. Das läuft perfekt, auch mit dem Sportamt, das ist eine sehr gute Synergie und Partnerschaft. In der Stadt ist das Verständnis für die Arena mittlerweile hervorragend vorhanden, uns weiter zu unterstützen.

Um welche Dinge geht es da konkret?

Um Genehmigungs-Tatbestände, um ein Eventkonzept inklusive gemeinsamer Werbestrategie, damit man sich nicht gegenseitig Konkurrenz macht, um eine gemeinsame Idee: wo will man hin, wo kann man noch unterstützen. Um ein paar Beispiele zu nennen.

Zur Person                                                       Stefan Löcher (47) ist waschechter Kölner, rechtsrheinisch in Köln-Kalk geboren. Auch sein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte er in seiner Geburtsstadt. Als Diplom-Kaufmann startete Stefan Löcher seine Karriere bei KPMG. Nach vier Jahren wechselte er 1999 als kaufmännischer Leiter in das Arena-Management der Kölnarena, nur kurz nach der Eröffnung. Bereits 2001 wurde Löcher in die Geschäftsführung berufen. 2008 folgte die Umbenennung in LANXESS arena, seit 2010 verantwortet Stefan Löcher als alleiniger Geschäftsführer deren Betrieb.

Sie sehen sich im nationalen und internationalen Vergleich aber schon in einer Liga mit Berlin, London oder Paris?

Definitiv, mit Paris sowieso: Ich bin sogar der festen Überzeugung, dass wir höhere Auslastungsgrade, sprich Anzahl Besucher und Veranstaltungen, im Jahr haben als Paris. London spielt natürlich ganz oben in dieser Liga mit. Aber wir sind jetzt schon einige Jahre unter der Top 5 und sind da ganz nah an London dran, können uns also auch daran messen.

Wenn Sie mal nicht in der LANXESS arena sind, welche Location in Köln ist Ihr persönlicher Favorit?

Ich bin gerne mal in der Philharmonie, im Stadion auch. Trotz meines beruflichen Alltags gehe ich auch privat gerne zu Events, natürlich etwas selektiv. Manchmal fahre ich dafür auch weit, weil ich mich einfach dafür interessiere, wie es anderswo gemacht wird. Mich interessieren dabei aber auch die Feinheiten der Shows. Zum Bespiel, wie ist das Ton- und Lichtkonzept? Dafür brenne ich.

 

Interview: Marko Ruh, Fotos: Birgitta Petershagen