Zwischen Tradiertem und Neuem, zwischen lokalen und globalen Herausforderungen und über Generationen hinweg behauptet sich die Kölner RASCH Maschinenfabrik als Weltmarktführer. Mit dem Kölnmagazin sprach Geschäftsführerin Tina Gerfer über Unternehmensnachfolge, Internationalität, Recruiting und den Standort Köln.

Frau Gerfer, die Wilhelm Rasch GmbH & Co. KG ist seit 1964 in Köln-Bickendorf ansässig…

Genau genommen seit dem 1. April 1964, damals unter der Regie meines Großvaters Wilhelm Rasch und seines Partners Otto Römmling. Begonnen hat alles 1950 auf dem Maarweg.

Sie sind seit Ende 2008 Geschäftsführerin. Wie haben Sie das Thema Unternehmensnachfolge erlebt und welche Erfahrungen können Sie weitergeben?

Es ist schwierig. In der zweiten Generation war das überhaupt keine Frage: Man war quasi auf die Welt gekommen, um die Väter abzulösen. Ich selbst habe hingegen überhaupt keine Nachfolge. Meine Tochter studiert Architektur. Aber es gibt andere Möglichkeiten.

Das haben Sie also schon mitbedacht?

Ja. Wir restrukturieren bereits seit einigen Jahren und haben mittlerweile Gesellschafter, die kein Interesse am operativen Geschäft und auch keinen Nachfolger haben. Sie sind aber sehr darauf ausgerichtet, mittelständische Partner für uns zu finden, die Interesse haben mit einzusteigen.

Sie empfehlen also, sich frühzeitig um eine Nachfolgeregelung zu kümmern?

Absolut. Und ich bin auch froh, dass man nicht mehr wie früher muss, weil man in eine bestimmte Familie geboren ist. Das macht wenig Sinn, weil es oftmals nicht den Neigungen der betroffenen Personen entspricht. Man kann ein Unternehmen auch mit Gesellschaftern führen, die nicht unbedingt aktiv sind, aber dennoch ein Interesse an einem langfristigen Erfolg haben.

Tina Gerfer im Gespräch mit Kölnmagazin-Redakteur Marko Ruh: „Ich hatte ein paar neue Ideen und war dennoch sehr traditionsbewusst. Ich glaube, diese Mischung ist gut.“

Und Ihre ganz persönliche Erfahrung: Sind Sie quasi mit der Firma aufgewachsen?

Ja. Als Kind konnte ich immer sagen: ‚Ihr esst da Schokolade, die hat mein Opa verpackt.’ Mein Großvater war sich dann auch sicher, dass ich das mit der Unternehmensnachfolge will und mache. Er ist allerdings gestorben, als ich erst 15 war. Damals war mein Onkel noch mit im Boot, und es galt der Grundsatz: Immer nur einer pro Familie! Das ist auch sinnvoll. Wenn Anteile zu klein werden und immer mehr Entscheidungsträger am Tisch sitzen, die einen Anspruch auf den operativen Job erheben, wird es schwierig in der Familie.

Wie verlief Ihr Werdegang dann weiter?

Ich habe zunächst etwas anderes gemacht und zu schätzen gelernt, eben nicht im Familienbetrieb ausgebildet zu werden. Man sagt: Da wo man Lehrling war, wird man nicht Chef – da ist was dran. Als Kind mit Zöpfen an Opas Hand durch die Gänge zu hüpfen, war spannend. Die Welt und das wahre Leben kennenzulernen, war aber auch ein Privileg – und eine gute Bildung zu genießen, weil Eltern und Großeltern sehr fleißig waren. Als mein Onkel dann sehr krank wurde, war es für mich keine Frage, die Nachfolge anzutreten. Zu der Zeit hatte ich aber auch das Leben außerhalb des Mikrokosmos der Firma Rasch erlebt. So hatte ich ein paar neue Ideen und war dennoch sehr traditionsbewusst. Ich glaube, diese Mischung ist gut.

Das passt ja auch zur Kölner Mentalität.

Der kölschen Seele liegt das: die Pflege des Tradierten. Man sieht das in allen Bereichen in Köln. Und das zeichnet auch ein Familienunternehmen aus: Auch mal an Dingen festzuhalten, wenn man davon überzeugt ist, dass sie es wert sind.

Gehören dazu auch sehr enge, tradierte Kundenbeziehungen?

So ist es. Dabei ist der Spagat zwischen Kundenpflege und dennoch Akquise in dieser Nische, in der wir uns befinden, nicht immer einfach. Man muss sich dem stellen und auch mal zugeben, dass man vielleicht nicht der Innovativste ist, aber den Kunden auch fragen: Will er Zuverlässigkeit und After-Sales-Services? Etwas zu verkaufen, ist nicht so das Problem. Danach geht es erst los. Wie bediene ich den Kunden im Störfall? Wie gehe ich damit um, wenn es dem Kunden mal etwas schlechter geht. Wie schnell bin ich da? Bringe ich die versprochene Leistung?

Sind genau das Ihre Stärken?

Ja, wir erreichen einen Wirkungsgrad von circa 98 Prozent. Das garantieren wir für alle unsere Anlagen und den bekommt der Kunde. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir in 67 Jahren keinen einzigen langfristigen Ausfall hatten. Auch wenn es mal Anlaufschwierigkeiten gab, haben wir es immer geschafft, auf unsere vertraglich zugesicherten Leistungen zu kommen.

Das ist ein klares Alleinstellungsmerkmal für Sie?

Absolut – darüber können wir uns auch definieren. Die Kunden wissen: Sie rufen an und sobald wir die Teile haben, sind wir da. Wenn wir ‚morgen’ sagen, dann meinen wir auch eine Frist von 24 Stunden.

Aus Köln?

Aus Köln, weltweit! Da sind unsere Monteure weltklasse. Die sind hochflexibel, hochmotiviert und schaffen es, den Kunden unsere Produkte zu erklären. Und das ist wichtig, denn Maschinenbau muss nachhaltig sein. Ich möchte ja einen Kunden, der wieder zu mir kommt und noch mal eine Maschine kaufen will. Einen Kundenstamm wirklich zu pflegen, ist sehr viel schwieriger, als oberflächlich zu arbeiten und viel verbrannte Erde zu hinterlassen.

Ein mittelständisches Familienunternehmen und Verlässlichkeit sind das dazu passende Wertepaar?

In der Tat. Häufig sind wir in Angeboten zwar nicht die Preiswertesten. Aber: Wenn es um Zuverlässigkeit geht, können wir die Kunden überzeugen, und auch damit, dass man Ersatzteile für Maschinen der Firma Rasch in 15 Jahren und weit darüber hinaus immer noch erhält.

Für mich als Laien: Ich sehe bei den Verpackungen von Schokoladenhasen keinen Unterschied zu früher. Sicher gibt es dennoch Weiterentwicklungen?

Innovationen sind in vielen Segmenten vorhanden. Zum Beispiel, dass die Folien immer dünner geworden sind, sich immer besser glätten lassen und sich um die Ecken schmiegen. Wenn Sie sich den berühmten Sitzhasen in Goldfolie vor Augen führen, stellen Sie fest, dass bei Verpackungen vor fünf, sechs Jahren im Nacken schon mal Risse in der Folie waren. Wir haben dann angefangen unsere Technik zu verfeinern, in der Fachsprache nennt man das falz-siegeln. Die Folie ist dafür mit einer heißsiegelfähigen Komponente im lebensmittelunbedenklichen Bereich beschichtet. Über Hitzeaktivierung lässt sie sich jetzt falten, siegeln und glätten – und das alles gleichzeitig.

Das Design Ihrer Maschinen hängt doch sicher auch maßgeblich von den zu verpackenden Produkten ab?

Natürlich, der einzig limitierende Faktor ist die Physik. Unsere Kunden würden manchmal tatsächlich gerne Sachen machen, die geometrisch ganz einfach nicht gehen. Da müssen wir passen, weil die Folie reißen würde. Zum Beispiel Tiere mit einzelnen Beinen – das geht nicht. Die neuen Ideen kennen wir meist schon zwei Jahre vor der Markteinführung. Man unterschreibt dann ein Papier bezüglich der Geheimhaltung. Aber auch gelernt von Opa: Handshake, und man hält sich dran.

„Köln kann man nicht erklären, es ist ein Gefühl.“

Ist das auch typisch für ein Familienunternehmen?

Das ist typisch, und das gehört sich so. Es ist eine Frage von Anstand, Würde und Respekt. Ich glaube, das wird auch wieder wichtiger. Ich war gerade eine Woche in Arabien und habe festgestellt, dass dort sehr viel mit Handshake verabredet wird – gerade im Vertrauensbereich. Im Regelfall sind das ganz zuverlässige Geschäftspartner.

Sind Sie häufig international unterwegs?

Ich selber bin viel und gern im Ausland. Dieses Jahr war ich auch viel in Osteuropa und bin von den zahlreichen Facetten total begeistert.

Der arabische Raum, Osteuropa – da herrschen teilweise schwierige politische Verhältnisse…

Wir sind um jedes Embargo, das fällt, froh. Uns wurden Traditionsmärkte blockiert wie zum Beispiel der Iran. Es ist ein Schokoladenland, und die Iraner haben seit 1979 Nachholbedarf. Die benutzen dort noch Maschinen von uns aus dieser Zeit, die sie seitdem selbst gewartet haben. Jetzt kommen sie und wollen neue Produkte erwerben. Wir sind als kleines Familienunternehmen nur ein kleines Rädchen. Manchmal ist es jedoch erstaunlich, wie stark einen Politik und aktuelle Geschehnisse beeinflussen.

Hilft für die Auslandskontakte auch die Vernetzung hierzulande?

Ja, beispielsweise über eine Beteiligung am Deutschen Pavillon bei der Gulfood Manufacturing 2017 in Dubai, die das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt und die die Koelnmesse organisiert. Für kleinere und mittlere Unternehmen ist das eine gute Möglichkeit, sich auf großen internationalen Messen zu präsentieren.

Wie viel macht der Export bei Ihnen aus?

Im Durchschnitt etwa die Hälfte – mal mehr, mal weniger. Wir haben jetzt einen sehr großen Auftrag aus dem arabischen Raum laufen, mit Auslieferung im kommenden Jahr. Das macht uns derzeit sehr exportlastig im besten Sinne des Wortes. Interessanterweise erholen sich gerade ganz viele Märkte, die von der Manufaktur her kommen und die wir gar nicht so auf dem Zettel hatten. Dort geht es häufig mehr um Vielfalt als um Speed. Da sind wir mit unseren Universalmaschinen gut im Rennen.

Kann man denn auch Ihren Betrieb als Manufaktur bezeichnen?

Wir haben es prüfen lassen: Wir sind eindeutig der Industrie- und Handelskammer zuzuordnen und zählen somit nicht zum Handwerk. Aber viele Verpackungsqualitäten, die wir für unsere Kunden kreieren, haben Manufakturcharakter. Wir verpacken zum Beispiel hochwertiges Gebäck für das jordanische Königshaus. Unser Kunde dort ist quasi der königliche Hoflieferant und arbeitet mit zwei Maschinen von uns. Ebenfalls eine ganz tolle Sache ist Kamelmilch-Schokolade in Dubai. Die Fabrik gehört der königlichen Familie. Das sind schöne Prestige-Objekte: perfekte Verpackungen mit sehr teurer Folie in ganz geringer Stückzahl.

Bei aller Internationalität bleiben Sie dennoch dem Standort Köln treu?

Köln ist für uns ein super Standort. Einer unserer größten Kunden ist binnen Stundenfrist erreichbar. Wir sind verkehrstechnisch gut angebunden und schnell überall. Und letztendlich sind unsere Mitarbeiter unsere Assets. Die meisten kommen hier aus der Umgebung. Ganz viele arbeiten hier seit über 30 Jahren. Wir haben jetzt auch ein paar Junge, das zieht die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit ein wenig herunter. Aber wir haben auch Leute, die seit über 40 Jahren hier arbeiten. Ich bin täglich froh darum, dass die auch unsere Auszubildenden bei sich haben und denen zeigen, wie es geht – auch ohne Buch.

Das Wissen Ihrer langjährigen Mitarbeiter würde sonst irgendwann verschwinden?

Ja, darum bilden wir kontinuierlich aus, das ist eine Investition in die Zukunft. Wir versuchen, möglichst viele unserer Auszubildenden zu halten – und das gelingt uns auch ganz gut. Allerdings wünsche ich mir schon, dass es uns die Tarifparteien ein wenig einfacher machen. Man muss doch froh sein, wenn Unternehmen überhaupt ausbilden. Ich kann nicht alle Azubis garantiert übernehmen. Das hängt auch von deren Leistungen, der Konjunktur und der Situation im Betrieb ab. Kein Betrieb, der ausbildet, Know-how weitergibt und in junge Leute investiert, hat den Plan, sie danach in die Wüste zu schicken. Man ist manchmal aber auch in der Not zu sagen: ‚Ich hab dir hier das Rüstzeug gegeben, kann dir aber nichts mehr bieten, du musst woanders hin’. Allerdings haben wir gerade eher das Problem, überhaupt junge Menschen für unsere Lehrstellen zu finden.

„Wir verpacken hochwertiges Gebäck für das jordanische Königshaus.“

Wie sieht das im Ingenieursbereich aus?

Auch im Ingenieursbereich tun wir uns derzeit schwer, gute Leute zu finden. Um an Talente zu kommen, muss ich schon Headhunter losschicken und dafür viel Geld ausgeben. Wobei Köln im Recruiting-Bereich noch Möglichkeiten bietet. Viele Leute wollen hier wohnen – auch in der Peripherie.

Was zeichnet Köln als Wirtschaftsstandort noch aus?

Die Stadt ist sehr vielfältig. Wir haben hier schon seit langem einen Schmelztiegel unterschiedlicher Nationalitäten. Mir ist es wirklich egal, welcher Konfession oder welcher Herkunft ein Mitarbeiter ist. Wichtig ist doch der Mensch dahinter. Und ich glaube, das hat der Kölner relativ früh begriffen. Ich finde, dass die Stadt Köln durch diese Internationalität unheimlich gewonnen hat. Darüber hinaus haben wir das Glück, Ford hier zu haben. Die Medienwirtschaft hat auch in unserem benachbarten Industriegebiet für Schub gesorgt. Rund ums Coloneum ist nach Zeiten des Leerstands alles viel besser. Davon profitieren wir allesamt.

Zur Person
Die Wilhelm Rasch GmbH & Co. KG mit Sitz in der Mathias-Brüggen-Straße in Köln-Bickendorf ist Weltmarktführer im Verpacken von sogenannten Schokoladenhohlkörpern. 1950 schufen Wilhelm Rasch und sein Geschäftspartner Otto Römmling mit der Firmengründung die Basis für die RASCH Maschinenfabrik. Ab 1952 stellte Rasch bereits Verpackungsmaschinen sowie Pumpen und Schokoladenhähne her. Im Bereich der Hohlkörperverpackung für Schokoladenprodukte setzten die Kölner Spezialisten bald weltweit Maßstäbe. Bereits in den 1980er-Jahren traten mit Wilhelm Kurt Rasch und Helmut Römmling Vertreter der zweiten Generation in den Betrieb und die Geschäftsleitung ein, so dass eine Kontinuität und ein reibungsloser Übergang gewährleistet waren. Nach dem frühen, unerwarteten Tod von Wilhelm Kurt Rasch im Jahre 2008 übernahm dessen Tochter Sarah seine Firmenanteile und gestaltet seitdem aktiv die Firmenpolitik als Gesellschafterin mit. Tina Gerfer ist die Enkelin von Wilhelm Rasch und dritte Gesellschafterin der Wilhelm Rasch GmbH & Co. KG. Nach dem Ausscheiden ihres Onkels Wilhelm Kurt Rasch rückte sie im Jahr 2008 in die Geschäftsführung auf. Heute sind am Standort in Köln-Bickendorf 67 Mitarbeiter und Auszubildende beschäftigt.

Sind Sie waschechte Kölnerin?

Im Weyertal geboren und aus Überzeugung Kölnerin. Das geht jetzt ins Kitschige: Köln kann man nicht erklären, es ist ein Gefühl. Kölner ist man deshalb nicht nur per Geburt, sondern auch, wenn man in der Lage ist, dieses Gefühl zu erfassen, diese Widersprüche in der Stadt: einerseits erzkatholisch und trotzdem mächtig auf den Putz hauen… Wir dürfen unsere Toleranz nicht verniedlichen, wir dürfen sie aber auch nicht verlieren. Köln ist eine Stadt, die auf sich stolz ist und über unglaublich viel eigenes Liedgut verfügt.

Was schätzen Sie privat am meisten an Köln?

Den Karneval, der gerne mal belächelt wird, finde ich richtig gut und wichtig. Ich bin außerdem ein Fan von Geschichte und finde Köln diesbezüglich so spannend. Wenn man mal unter dem Dom war, wird einem so richtig bewusst, wie vielschichtig Köln ist, im Wortsinn. Von der heidnischen Opferstätte bis zur römisch-katholischen Kathedrale, die Gott sei Dank auch im Krieg stehen geblieben ist.

 

Interview: Marko Ruh, Fotos: Birgitta Petershagen