SmartCity Cologne soll eine nachhaltige, wirtschaftliche und sozialverträgliche Energiewende in Köln unterstützen. Konkretes Ziel: mehr Innovation für Köln, dafür weniger Klimagase und Energieverbrauch. Das Zwischenfazit fällt durchweg positiv aus. Durch die Initiative angeschobene Projekte bewirkten Investitionen von Unternehmen und brachten Fördermittel des Landes, des Bundes und der EU nach Köln. Zuletzt wurde Köln neben Barcelona und Stockholm für das ehrgeizige EU-Projekt GrowSmarter als Leuchtturmstadt ausgewählt.
Etwa ein Drittel aller Menschen auf der Erde leben bereits in städtischen Ballungsräumen – Tendenz deutlich steigend. Um sich für die urbane Zukunft zu wappnen, werden in wachsenden Städten wie Köln die damit verbundenen Fragen immer drängender. Wie lässt sich Mobilität effizient und ressourcenschonend organisieren? Wie kann ausreichend Wohnraum geschaffen werden? Wie lassen sich der Klimaschutz und die Luftqualität verbessern?
SmartCity Cologne gibt darauf Antworten. Die Kölner Initiative umfasst Projekte und Maßnahmen in den Themenbereichen Erneuerbare Energien, Klimaschutz, Elektromobilität, „smarte“ Technologien und Energieeffizienz. Eine gleichnamige Kommunikationsplattform informiert und bringt beteiligte Unternehmen, Bürger und städtische Verantwortliche zusammen. Ins Leben gerufen wurde SmartCity Cologne im Herbst 2011. Seitdem wird getestet, wie nachhaltiges Leben in der Stadt funktionieren kann. Dr. Barbara Möhlendick, Leiterin der Koordinationsstelle Klimaschutz der Stadt Köln und Projektverantwortliche, spricht denn auch von einem „urbanen Forschungslabor“ mit Blick auf die 30 Projekte, die in der SmartCity laufen oder bereits abgeschlossen sind. „Ziel ist es, innovative Technologien und Dienstleistungen zur Energiewende und zum Klimaschutz gemeinsam mit den Bürgern unter Alltagsbedingungen zu testen und zu bewerten“, sagt Axel Lauterborn, verantwortlicher Projektleiter seitens der RheinEnergie, die die Initiative gemeinsam mit der Stadt aus der Taufe gehoben hat.
Klimastraße in Köln-Nippes
Bei der Vorstellung des Projekts im August 2012 sagte Oberbürgermeister Jürgen Roters: „Kooperationspartner aus Wirtschaft, Industrie und Stadtgesellschaft sind aufgerufen, ihre innovativen Projektideen, Produkte oder Systemlösungen zu platzieren.“ Beispielhaft nannte Roters die „Klimastraße“, die in der Neusser Straße in Köln-Nippes realisiert wurde. Hier wurden Gebäude energetisch saniert, LED-Beleuchtung an der Straße und in Gebäuden installiert und Ladestationen für Elektromobilität bereitgestellt.

Konkrete Effekte: Die neuen LED-Straßenlaternen sparen rund 55 Prozent Energie und bewirken eine CO2-Reduktion von rund fünf Tonnen pro Jahr. Auch in 16 Geschäften und gewerblich genutzten Immobilien an der Klimastraße fand eine Umrüstaktion auf LED-Beleuchtung statt. Durch Zuschüsse des „Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ (BAFA) und der RheinEnergie konnten diese Betriebe ihre Geschäftsräume mit LED-Beleuchtung ausstatten und damit heller und stromsparender ausleuchten. In Zahlen: Diese Betriebe senkten ihren Stromverbrauch um 67 Prozent und reduzierten den CO2-Ausstoß um 249 Tonnen pro Jahr.

Ein weiterer Baustein sind Maßnahmen, die unter den Begriff „Smart Home“ fallen. Mit intelligenten Stromzählern („Smart Meter“) und zentral gesteuerten Haushalts- und Heizgeräten ließen sich laut den Projektverantwortlichen die Strom- und Heizkosten für Wohnungs- und Ladenbesitzer um durchschnittlich sieben Prozent senken. Getestet hat das die Firma RocketHome in neun Privatwohnungen des Nippes Tower und im Bücherladen Neusser Straße, wo jeweils Smart-Home-Anwendungen eingebaut wurden.

Schon seit längerem installiert die Initiative colognE-mobil Ladesäulen für Elektroautos in Köln. Auch an der Klimastraße wurde eine Ladestation für Elektroautos geschaffen. Darüber hinaus will die RheinEnergie eine Ladestation für Pedelecs nahe der U-Bahn-Station Neusser Straße/Gürtel einrichten – selbstredend mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.

Impulse für nachhaltige Stadtentwicklung
Die Klimastraße in Köln-Nippes war eines der ersten Projekte von SmartCity Cologne. Mittlerweile ist die Zahl von anfangs fünf auf 30 Projekte angewachsen, die unter dem SmartCity-Label laufen. Köln hat sich damit viel Aufmerksamkeit verschafft, auch auf europäischer Ebene. Der Lohn: Im Oktober vergangenen Jahres erhielt die Stadt Köln mit ihrem Konzept für die Stegerwald-Siedlung in Köln-Mülheim den Zuschlag für das EU-Projekt „GrowSmarter“. Zusammen mit den „Leuchtturmstädten“ Stockholm und Barcelona sollen Impulse für eine moderne, integrierte und nachhaltige Stadtentwicklung gegeben werden.
Dr. Barbara Möhlendick nennt zwei Schwerpunkte der Pläne für die Stegerwald-Siedlung: Einrichtung einer alternativen Energieversorgung und die Stärkung der Elektromobilität in Verbindung mit einer stärkeren Vernetzung aller Verkehrsmittel. Außerdem soll eine App zur Erleichterung der Parkplatzsuche zum Einsatz kommen. „Die Innovation in Gebiete zu bringen, die üblicherweise nicht zu den hippen Vierteln der Stadt gehören, ist eine echte Herausforderung“, so Möhlendick. Die Klimaschutz-Koordinatorin bezeichnet das auch als „Visionsprozess“ – ohne Ziele keine Ergebnisse. Vorgabe der visionären Planer: Bis 2025 sollen die Kölner zwei Drittel ihrer Wege nicht mehr mit dem privaten Pkw zurücklegen. In der Stegerwald-Siedlung will man das mit sogenannten „Mobilitätshubs“ befördern. An solchen Knotenpunkten in der Nähe von Bus- oder Bahnhaltestellen stehen verschiedene Verkehrsmittel zur Wahl, darunter Leihfahrräder und Elektroautos. Zudem soll es Parkplätze geben, die man mit dem Smartphone reservieren kann.

Top-down und Bottom-up
Barbara Möhlendick gesteht zu, dass man bei SmartCity zu Beginn eher eine Top-down-Strategie gefahren sei, doch gelte es nun, die Bürger „Bottom-up“ mitzunehmen. „Eine echte Kommunikationsherausforderung“, weiß die Projektverantwortliche. Im Falle der Stegerwald-Siedlung wurde das zur Chefsache. Der Moderationsprozess lag zum Projektstart in den Händen des Oberbürgermeisters Jürgen Roters, des Baudezernenten Franz-Josef Höing und der damaligen Sozial- und Umweltdezernentin Henriette Reker. Für die Mieter wurden Informationsveranstaltungen organisiert und ein virtueller Raum im Internet eingerichtet. Dazu Möhlendick: „Nur der informierte Bürger kann handeln.“ Zusammen mit den Städten Barcelona und Stockholm gilt Köln im Übrigen auch als Vorreiter beim Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) – gerade beim Thema Klimaschutz. Bereits seit 2012 veröffentlicht die Stadt Köln auf ihrem OpenData-Portal Daten zur öffentlichen Nutzung und verfolgt eine Open Government-Strategie der Transparenz.
Zurück zu GrowSmarter: „Das ist eine sehr ehrgeizige Sache“, beschreibt Barbara Möhlendick das Kölner Engagement in dem EU-Projekt, das Günther Oettinger in seiner damaligen Funktion als europäischer Energiekommissar ins Leben gerufen hatte. Die EU-Kommission fördert GrowSmarter in den kommenden fünf Jahren immerhin mit 25 Millionen Euro. Ziele sind eine Verbesserung der Luftqualität im urbanen Raum, eine Senkung der Feinstaubbelastung und des Energieverbrauchs sowie mehr nachhaltige Mobilität. So soll ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele der EU geleistet werden. Außerdem sollen bis zu 1.500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wirtschaftsförderung durch Klimaschutz
SmartCity Cologne und GrowSmarter seien somit auch wichtige Standortfaktoren für die Kölner Wirtschaft, unterstreicht Barbara Möhlendick. Ein Beleg: Im Bereich der Stegerwald-Siedlung engagieren sich neben RheinEnergie und Stadt Köln auch Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH, Kölner Verkehrsbetriebe AG, Urban Institut, Stattauto Köln Gesellschaft für Car Sharing MbH (Cambio), Ampido GmbH, AGT Group GmbH und Microsoft. An den anderen Projekten von SmartCity sind viele weitere große Unternehmen, mittlere und kleine beteiligt. Auch Start-ups haben gute Chancen, an EU-Fördermittel zu gelangen. Holger Kahl, der bei der RheinEnergie als Projektleiter für die Klimastraße Nippes zuständig ist, macht deutlich: „Auf Dauer können städtische Versorger nicht mehr nur mit Gas, Strom und Wasser Geld verdienen.“ Das Thema Energieeffizienz biete sich als Ergänzung an.
Beispielhafte Projekte aus der SmartCity
Bei einem anderen beispielhaften Projekt konnte im Rahmen des EU-Projekts CELSIUS an zwei Kölner Schulen getestet werden, wie sich die im Abwasser gespeicherte Wärme nutzen lässt, um Heizenergie zu sparen. Die Gebäudetechnik der Otto-Lilienthal-Realschule und des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums in Porz-Wahn erhielt dazu ein neuartiges Wärmetauschersystem. Im Pilotversuch seien 170 Tonnen CO2 jährlich eingespart worden, so die Verantwortlichen.
Ein weiteres zukunftsweisendes SmartCity-Projekt zielt auf die Binnenschifffahrt. Schiffe, die in Köln vor Anker gehen, ließen bislang ihre Dieselmotoren Tag und Nacht laufen, um sich mit Strom zu versorgen. Abhilfe schaffen im Rheinauhafen seit kurzem Stromanschlüsse, über die Ausflugsdampfer und Frachter städtischen „Landstrom“ beziehen können. Ergebnis: weniger Lärm und bessere Luft für Anwohner und Schiffsbesatzungen.
Concrete Apartments Cologne
Mitten in Köln-Mülheim ist das Projekt Concrete Apartments Cologne angesiedelt. Die 50 „Serviced Apartments“ sind zwischen 36 und 76 Quadratmetern groß und zielen – fertig ausgestattet – auf Mieter, die nur übergangsweise einziehen. Zum Angebot gehören schnelles Internet, TV-Geräte oder ein Wäsche- und Reinigungsdienst. Das energiesparende Passivhaus zeichnet sich durch eine 26 Zentimeter dicke Außendämmung aus Steinwolle und dreifach-verglaste Fenster aus, die eine optimale Rückgewinnung der Abstrahlwärme von Bewohnern und Haushaltsgeräten begünstigen, ein Lüftungssystem soll für eine konstante Basistemperatur von 20 Grad sorgen – im Sommer wie im Winter – und ein digitales Steuerungssystem dirigiert den stromsparenden Gebrauch von Leuchten und Großverbrauchern. Die Energie und Wärme für das Mehrparteienhaus erzeugt ein eigenes, energieeffizientes Blockheizkraftwerk. Überschüssig produzierter Strom wird optional in das öffentliche Stromnetz eingespeist oder für die Ladestation für Elektrofahrzeuge im Innenhof verwendet.
Kita in Köln-Finkenberg
In der Theodor-Heuss-Straße in Köln-Finkenberg wurde im vergangenen Jahr eine Kindertagesstätte in energieeffizienter Bauweise neu erstellt. Das innovative Energiekonzept basiert auf einer Wärmepumpenanlage in Kombination mit einer Eisspeicherheizung sowie einem saisonalen Erdspeicher als Wärmequelle. Durch eine Photovoltaikanlage werden im Jahresdurchschnitt rund 45 Kilowattstunden Strom erzeugt, sodass 70 Prozent des Stroms im Haus, mit dem auch die Wärmepumpe betrieben wird, aus der Anlage stammen. Das im Winter produzierte Eis im Eisspeicher ermöglicht ein vollkommen schadstofffreies und kostenloses Kühlen während der Sommermonate. Betreiber der beiden Einrichtungen sind das Haus der offenen Tür sowie der Porzer Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes.

Neuer Maßstab im Strom-Monitoring
Die Firma Startplatz mit Sitz im Mediapark vermietet über 2.400 Quadratmeter Büro- und Nutzfläche an junge Startup-Unternehmen. Die RheinEnergie hat gemeinsam mit der RightEnergy GmbH im Rahmen eines Pilotprojekts 75 Sensoren bei Startplatz installiert, die Stromverbrauch und Spannung an jedem einzelnen Kabel eines Schaltschranks messen und per Funk an eine zentrale Stelle übertragen. So können mit geringem Aufwand einzelne Verbraucher einem Monitoring unterzogen und transparent gemacht werden. RightEnergy verfügt nach eigener Aussage über ein Alleinstellungsmerkmal unter den heute verfügbaren Strom-Monitoring-Systemen: Die speziellen Sensoren arbeiten drahtlos, sind sehr klein, versorgen sich selber aus dem Magnetfeld des Leiters und können ohne Unterbrechung der Stromversorgung schnell installiert werden. „Sie werden wie Wäscheklammern einfach um die Kabel geklippt und schnappen ein“, erklärt Claudia Schwarz, Gesellschafterin bei RightEnergy. Mit dieser innovativen, patentierten Technologie wolle man neue Maßstäbe im Strom-Monitoring und ein Ausrufezeichen am Markt setzen.
„Unsere selbstversorgenden, winzigen Sensoren passen selbst in enge Schaltschränke hinein und benötigen keine Wartung oder Batteriewechsel“, fügt Claudia Schwarz hinzu.
Seit diesem Sommer werden einzelne Verbräuche bei Startplatz erfasst und analysiert. Ziel ist, Verhaltensänderungen zu bewirken, die zu einem dauerhaft niedrigeren Stromverbrauch führen. Aber Strom-Monitoring lohne sich nicht nur wegen der Energieeinsparung. Da das ganze elektrische System transparent wird, erhalten Firmen wertvolle Infomationen über die technischen Abläufe und können ihre Betriebseffizienz erhöhen. So trage es als Management-Tool zur Profitabilität des Unternehmens bei.
Lohnende Investition in Innovation
An den meisten Projekten von SmartCity Cologne ist die RheinEnergie beteiligt. Laut Axel Lauterborn werden sich die Investitionen auszahlen: „Für uns als lokalen Energieversorger ist SmartCity Cologne eine gute Möglichkeit, innovative Energiewende-Lösungen gründlich auszuprobieren und Köln auf die Zukunft vorzubereiten.“ Dass auch die Kölner Bürgerschaft die Zukunft ihrer Stadt gerne mitgestalten will, belegt unter anderem die rege Teilnahme an der ersten SmartCity-Cologne-Konferenz im Oktober 2013. Daneben haben sich zahlreiche Unternehmen an den vielen Projekten beteiligt. Manche sind bereits erfolgreich abgeschlossen, andere laufen noch oder werden erst in die Wege geleitet.
Lohn der Mühen: Die EU hat Köln mit der Benennung als Leuchtturmstadt gemeinsam mit Barcelona und Stockholm in den Adelsstand der „smarten“ urbanen Zentren Europas gehoben. Jetzt sind andere aufgefordert, es diesen Vorbildern nachzutun. Als Nachfolgestädte benannte das EU-Konsortium Valetta, Suceava, Porto, Cork und Graz. Diese sollen sich am leuchtenden Vorbild der drei „Lighthouse Cities“ orientieren und von den Vorzeigestädten aus drei europäischen Klimazonen lernen.
Lenkungsausschuss von SmartCity Cologne
Die Mitglieder des Lenkungsausschusses sind für die Stadt Köln
• Oberbürgermeisterin Henriette Reker,
• der Beigeordnete für Planen und Bauen Franz-Josef Höing
• die Beigeordnete für Wirtschaft und Liegenschaften Ute Berg
• Beigeordnete(r) für Soziales, Integration und Umwelt NN für die Kölner Verkehrsbetriebe-Betriebe AG
• der Vorstandsvorsitzende Jürgen Fenske für den Vorstand der RheinEnergie
• der Personalvorstand und Arbeitsdirektor Norbert Graefrath
• der Vertriebsvorstand Achim Südmeier
• der Netz- und Technikvorstand Dr. Andreas Cerbe
Die Projektleitung liegt bei
• Axel Lauterborn (RheinEnergie)
• Dr. Barbara Möhlendick (Stadt Köln)
Fotos: Rheinenergie (4), obs/Ford-Werke GmbH, KVB, Lanzerath Holding GmbH