Geschäftsführer der Wallburger GmbH, Kreishandwerksmeister und seit einem Jahr Vorsitzender des Aufsichtsrats der KölnBusiness Wirtschaftsförderung: Nicolai Lucks ist ein vielfältig engagierter Unternehmer und vertritt die Interessen des Mittelstands. Im Interview mit dem Kölnmagazin sprach er über die bestandene Feuertaufe der neuen Kölner Wirtschaftsförderung und wagte einen Blick nach vorn – auf die Zeit nach der Corona-Krise.

Herr Lucks, was macht Ihnen in diesen schweren Zeiten ein wenig Hoffnung?

Ich hoffe, dass wir bald wieder mit Volldampf unserem eigentlichen Wirtschaften und Arbeiten nachgehen können. Was in den vergangenen Wochen für die meisten Unternehmen und Beschäftigten kaum möglich war.

Wie haben Sie es wahrgenommen?

Als Aufsichtsratsvorsitzender der KölnBusiness Wirtschaftsförderung habe ich mitbekommen, welch enorm hoher Beratungsbedarf bestand und nach wie vor besteht. Es ist eine groІe Herausforderung, dem überhaupt nachzukommen. KölnBusiness hat Stand heute (13. Mai, Anm. d. Red.) bereits über 10.000 Beratungsgespräche geführt – telefonisch, vor Ort in den Unternehmen und am neuen Standort am Börsenplatz. In naher Zukunft haben wir leider noch einiges zu erwarten, vor allem wenn ab Anfang Oktober 2020 die Insolvenzantragspflicht wieder vollumfänglich gilt.

Sie vertreten als Kreishandwerksmeister ja auch die Handwerksberufe. Was waren hier die dringlichsten Bedarfe, die in den Beratungen aufgelaufen sind?

Das Gesundheitshandwerk und die Friseure haben sehr viele Fragen gehabt, wie man sich schützen kann, da sich in diesen Bereichen körperliche Nähe nicht ausschließen lässt. Viele Gewerke erlitten massive Nachfrageeinbrüche durch diesen Coronabedingten exogenen Schock, sodass an vielen Stellen gar nicht mehr gearbeitet werden konnte. In diesen Fällen kamen in erster Linie viele Fragen rund um Kurzarbeitergeld, Zuschüsse und KfW-Darlehen auf.

Es hieß, dass sehr viel sehr schnell bewilligt wurde. Können Sie das bestätigen?

Zur Person: Nicolai Lucks ist seit 1997 Geschäftsführer der Wallburger GmbH. Der Diplom-Kaufmann leitet das 1926 gegründete Kölner Traditionsunternehmen für Fenster- und Innenausbau in dritter Generation. Neben seiner Unternehmertätigkeit ist Lucks Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Köln, Vorstandsmitglied der Tischler-Innung Köln und Vorstandsmitglied in der Gruppe des selbstständigen Handwerks der Handwerkskammer zu Köln. Im Juli 2019 wurde er zum Vorsitzenden des neu konstituierten Aufsichtsrats der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH gewählt. Darüber hinaus engagiert sich Nicolai Lucks als Mitglied im Aufsichtsrat der Art Knox AG und ist Aufsichtsratsvorsitzender der Volksbank Köln Bonn eG.

Ja, ich habe zum Beispiel von Handwerksbetrieben gehört, die freitags die Formulare im Internet nicht zu Ende ausfüllen konnten, weil Server überlastet waren. Sie haben es samstags dann noch einmal versucht und zeitnah das Geld überwiesen bekommen. Die Geschwindigkeit, die der Staat an den Tag gelegt hat, war gerade für kleine Selbstständige wirklich eine große Hilfe. Das wurde vielfach bestätigt. Aber: Keiner möchte sich ausruhen, alle wollen wieder normal arbeiten. Hoffentlich kommen die Lockerungen langsam überall an.

Gibt es Gewerke, die es besonders hart getroffen hat, und solche, die besser durch die Krise kamen?

Auf dem Bau haben wir allgemein weniger Auswirkungen gespürt. Im Privatkundengeschäft allerdings schon. Da war Vorsicht der erste Ratgeber. Wir selbst wollten in engen Wohnungen keine Arbeiten ausführen. Auf dem Neubau kann man Abstandsregeln meist einhalten. Dort hatte ich den Eindruck, dass ganz normal gearbeitet wurde. So lief auch bei uns der Geschäftsbetrieb weiter. Wir mussten zum Glück keine Kurzarbeit anmelden.

Man hörte in den letzten Jahren ja auch immer von den vollen Auftragsbüchern …

So ist es auch. Ich kann mir außerdem vorstellen, dass jetzt einiges, was bei Kunden liegen geblieben war, nachgeholt wurde. Renovierungsarbeiten beispielsweise bieten sich nahezu an. Von Gastronomen habe ich Bilder gesehen, die ihre Gasträume in der Zwangspause komplett renoviert haben. Wenn jetzt – mit Abstandsregeln – der Betrieb wieder losgeht, freut sich der Gast über die vom Handwerk renovierten Räumlichkeiten.

Manche haben auch neue Betätigungsfelder entdeckt wie die Spritzschutzwände, die man jetzt überall im Handel sieht.

Über die Tischler-Innung stehe ich hierzu im Austausch. Betriebe, die über Laser-Schneider und CNC-Maschinen verfügen, haben sich mit diesen Wänden beschäftigt. Ebenso mit den Gesichtsschutzvisieren. Auch damit leistet das Handwerk einen wichtigen Beitrag. Denn ohne Frage: Die Pandemie ist noch nicht vorbei.

KölnBusiness ist es ein Anliegen, auch für das Handwerk Ansprechpartnerin zu sein. Welche Bedeutung hat die „Wirtschaftsmacht von nebenan“ für die Stadt?

Über die Kreishandwerkerschaft sind wir in Köln mit 32 Innungen organisiert und haben von den Augenoptikern bis zu den Zimmerleuten völlig unterschiedliche Berufsfelder. In all diesen Handwerksberufen wird das Thema Ausbildung jedoch großgeschrieben und ehrenamtlich betreut. Die Handwerkskammer zu Köln hat mit dem Butzweilerhof zudem ein Ausbildungszentrum, das sich sehen lassen kann und mit dem wir aktiv den Mangel an Facharbeiterinnen und Facharbeitern bekämpfen. Ich würde mir wünschen, dass die Industrie unsere Ausbildungsquote auch nur annähernd erreicht. Ohne Ausbildung werden wir die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigen kЪnnen.

Zukunft bedeutet im Mittelstand neben der Ausbildung häufig auch die Unternehmensübergabe an die nächste Generation. Ihre Wallburger GmbH pflegt seit über 90 Jahren erfolgreich die Handwerkstradition. Was können Sie anderen Familienunternehmen empfehlen?

Einfach ist das nicht. Mittelständische Unternehmen haben viele Herausforderungen zu bewältigen. Es geht nicht nur um die Weitergabe eines Unternehmens. Unter anderem geht es auch um Räumlichkeiten, die an Immobilien gebunden sind. Die lassen sich nicht so leicht übergeben, werden mit einem Verkehrswert bewertet und müssen in der Übertragung besteuert werden. Wenn mehrere Nachkommen gleichzeitig in Frage kommen, ergeben sich komplizierte steuerrechtliche Themen. Auf der anderen Seite kann man in Familienunternehmen wirklich gestalten. Wir haben zum Beispiel neu gebaut und damit unser Unternehmen weiterentwickelt. Das hat mir große Freude bereitet. Natürlich habe ich die Hoffnung, dass dies folgenden Generationen weiter gelingt.

Auf Ihrer Website betonen Sie Werte wie Qualitätsanspruch, Verlässlichkeit und Fairness. Zeichnet sich ein Handwerksbetrieb dadurch besonders aus?

Ja, wir wollen im Handwerk ordentliche Arbeit leisten und dafür auch ordentlich behandelt werden. Mit unseren Kunden pflegen wir immer einen Umgang auf Augenhöhe. Ihnen gegenüber fühlen wir uns verpflichtet und bringen jeden Auftrag zu Ende. Dem Ruf, handwerklich korrekt zu arbeiten, wollen wir entsprechen. Der Meister hat für diesen Anspruch eine zentrale Bedeutung. Das verpflichtet zu einer Leistung, die im besten Fall über Generationen hält. Und so denkt man bei uns im Handwerk auch in Generationen.

Sie sind demnach für die Meisterpflicht?

Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass ohne Meisterbrief ordentlich Schindluder getrieben wurde und Scheinselbstständigkeiten entstanden sind. Mit einer Meisterpflicht ist das nicht möglich. Sie hat viele weitere Vorzüge. Vor allem gewährleistet sie, dass wir die Ausbildung so weiter betreiben können, wie es in der Vergangenheit war.

Ohne Meister also kein ordentlicher Know-how-Transfer?

Wenn man ausbildet, bildet man auch die Konkurrenz von morgen aus. Dennoch findet Ausbildung im Handwerk statt. Wir geben Wissen weiter, weil wir davon überzeugt sind, dass es allen hilft. Das ist keine Selbstverständlichkeit, und man muss uns das auch machen lassen – ohne Bürokratie und Überregulierung.

War das auch ein Grund, sich als Aufsichtsratsvorsitzender für KölnBusiness zu engagieren?

Ich sehe es mit großer Freude, dass ich dafür überhaupt in Frage gekommen bin, da ich ja eher für den Mittelstand und kleinere Unternehmen stehe. Die Oberbürgermeisterin hat hier ein klares Signal gesendet: Die neue Wirtschaftsförderung mit ihrer privatwirtschaftlichen Organisationsform stellt nicht nur Industrie und Handel in den Fokus.

Was hat sich in der Wirtschaftsförderung aus Ihrer Sicht konkret verändert?

Wir haben personell eine umfassende Neuaufstellung. Auch die räumliche Situation am Börsenplatz mit einer komplett neuen IT ermöglicht ganz anderes Arbeiten als zuvor. Dort wird jetzt echtes Projektmanagement betrieben. Nur ein Beispiel: Daten und Projekte können von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden. Ich habe mir das selbst angeschaut und finde es sehr inspirierend. Als 100-prozentige Tochter der Stadt dient KölnBusiness aber weiterhin genauso den Kölnerinnen und Kölnern wie zuvor das entsprechende Amt. Vom Timing her ist die Corona-Pandemie übrigens zur Feuertaufe für die neue Wirtschaftsförderung geraten und bislang mit Bravour bewältigt worden.

Gibt es neben diesen Neuerungen auch Kontinuität?

Wir haben mit unserem Betrieb schon positive Erfahrungen mit der Wirtschaftsförderung gemacht, als sie noch eine Behörde war. Ich habe in diesem Austausch gelernt, welche Vorteile eine Institution bietet, die einem Unternehmen mit guten Kontakten in die Verwaltung hilft. Das ist nach wie vor wichtig, vor allem bei genehmigungsrechtlichen Fragen. Um sich im Dschungel der Kölner Ämter und Behörden zurechtzufinden, braucht man dringend Unterstützung. Das muss eine privatwirtschaftlich organisierte Wirtschaftsförderung jetzt genauso bieten wie zuvor das Amt. Durch eine Schnittstelle ins Stadthaus hinein haben wir das nun strukturiert und es funktioniert bisher gut.

Können Sie Beispiele nennen, wie die Wirtschaftsförderung Ihnen oder Kollegen geholfen hat?

Bei betrieblichen Baumaßnahmen, die mit Genehmigungen verbunden sind, gibt es immer eine Menge offener Fragestellungen und vor allem auch die Unsicherheit, wer alles gefragt werden muss. Konkret: Welche Schritte sollte ich in welchen Behörden zuerst durchlaufen, damit ein Bauantrag möglichst vollständig gestellt werden kann und keine Nachfragen mehr nötig sind. Für viele Dinge, die zwingend eingehalten werden müssen, kann man sich Rat holen – und den bekommt man nur im städtischen Umfeld. So hilft die Wirtschaftsförderung expandierenden Unternehmen und es entstehen neue Arbeitsplätze, die wiederum die Wirtschaftskraft stärken und das Steuereinkommen der Stadt Köln mehren.

Sie empfehlen Unternehmen also, den Rat von KölnBusiness zu suchen?

Auf jeden Fall. Der Hauptzweck der Wirtschaftsförderung ist nicht, in Interviews erwähnt zu werden, sondern aktiv der Kölner Wirtschaft mit Rat und Tat zu helfen. Natürlich können wir nicht die Welt retten, aber sicher hat KölnBusiness immer ein paar gute Tipps auf Lager und Antworten auf eine Menge Fragen.

Aber sicher nicht nur in Zeiten von Corona?

Irgendwann wird diese Pandemie auch ein Ende haben. Wir kommen aus einer erfolgreichen Periode und wenn wir wieder frei durchatmen können und die Infektionsgefahr gebannt ist, dann wollen wir auch wieder wie gewohnt arbeiten.

An was muss Köln aus Ihrer Sicht besonders arbeiten?

Wenn wir in die Zukunft schauen, haben wir hier in Köln viele spannende Themen. Wir sind nach wie vor eine wachsende Stadt, viele Menschen wollen hier leben und arbeiten. Dazu braucht man Raum für Büro- und Produktionsflächen. Neben dem Dienstleistungssektor wollen wir weiterhin eine Produktionsstadt sein. Das führt manchmal zu Zielkonflikten. Auch für diese Art von Herausforderungen ist Köln-Business ein Baustein.

Standortentwicklung funktioniert derzeit vor allem im Rechtsrheinischen. Ihr Unternehmen hier in Köln-Deutz ist ein gutes Beispiel dafür.

Ja, die schääl Sick kütt, weil hier noch Entwicklungsräume vorhanden sind. Dennoch haben wir keine großen Entfernungen in die Innenstadt – aus Deutz schon mal gar nicht, wir dürfen uns sogar noch Innenstadt nennen. Das Rechtsrheinische wird sich weiter positiv entwickeln, große Projekte wie Deutzer Hafen oder Mülheim-Süd tragen dazu bei. Linksrheinisch bietet die Parkstadt Süd viel Potenzial. Wenn die Infrastruktur mitwächst, sind diese Stadtentwicklungen auch nicht mit mehr Staus verbunden.

Aber genau das beklagen viele Handwerksbetriebe. Was kann man dagegen tun, dass die Mitarbeiter*innen nicht diverse Stunden in Staus zubringen statt auf der Baustelle?

Die Lebenszeit, die man im Auto verbringt, kriegt man später nicht zurückgeschenkt. Der Verkehr in Köln muss sich verändern. Ich denke, da sind sich alle einig. Wir müssen uns unter anderem dringend der Elektrifizierung der Mobilität widmen und brauchen dafür die geeignete Infrastruktur. Die RheinEnergie schreitet hier voran, das reicht aber nicht aus. Wir brauchen letztlich an jeder Hausnummer eine leistungsfähige Ladestation. Damit lösen wir nicht alle Probleme, machen die Stadt aber schon ein Stück besser.

Wobei ich zugeben muss, dass ich mich nach über zwei Monaten Corona-bedingter „Abstinenz“ fast gefreut habe, auf dem Weg hierher kurz im Stau zu stehen. Auf was freuen Sie sich persönlich nach den ganzen Wochen im Shutdown?

Die Spielplätze für Kinder sind zum Glück wieder auf. Die Spielplätze für Erwachsene sind die Gastronomie. Darüber freue ich mich ganz besonders.

Das Interview führte Marko Ruh.

Fotos: Birgitta Petershagen