Die R. Stahl HMI Systems GmbH expandiert nach Köln-Ossendorf. Am Butzweilerhof erwarb der Weltmarktführer für explosionsgeschützte Bedien- und Beobachtungssysteme ein 11.000 Quadratmeter großes Grundstück von der Stadt Köln. Das neue Technologiezentrum an der Adolf-Grimme-Allee steht für Hightech erster Güte.
Erfolgreichen Unternehmen geht schon mal der Platz aus. So erging es der in Köln ansässigen R. Stahl HMI Systems, Weltmarktführer in ihrem Nischensegment, die ihre Produktion bis vor kurzem in eine Druckerei teilauslagern musste. „Unser Firmensitz in Köln-Pesch ist aus allen Nähten geplatzt“, beschreibt Geschäftsführer Joachim Schuster die Situation vor dem Umzug. Wirtschaftsdezernentin Ute Berg ist zu Besuch und verschafft sich bei einem Rundgang einen persönlichen Eindruck vom neuen Standort des „Hidden Champion“ in Köln-Ossendorf.
Hintergrund: Der zum Wirtschaftsdezernat gehörende Unternehmensservice der Stadt Köln hat der expandierenden R. Stahl HMI Systems dieses Grundstück vermittelt. Der Standort umfasst 6.500 Quadratmeter Produktions- und Büroflächen auf einem Grundstück von 11.000 Quadratmetern. 13 Millionen Euro habe das aufstrebende Unternehmen hier investiert, so Geschäftsführer Schuster. Und man habe bewusst Raum für weiteres Wachstum geschaffen, wie der 58-Jährige betont. Noch sind die Räumlichkeiten längst nicht an der Kapazitätsgrenze, eine Verdopplung der Belegschaft sei theoretisch möglich.
110 Mitarbeiter in Köln-Ossendorf
110 Mitarbeiter arbeiten seit Ende des vergangenen Jahres in Ossendorf und produzieren so genannte Human Machine Interfaces (HMI) für explosionsgeschützte Umgebungen. Dabei handelt es sich um elektronische Anzeigemedien in unterschiedlichen Ausführungen für Bedien- und Beobachtungssysteme, die beispielsweise in Raffinerien, Chemiefabriken oder auf Ölbohrinseln zum Einsatz kommen – also an Produktionsstätten der Schwerindustrie, die wegen Explosionsgefahr als hochsensibel gelten. Die HMI-Geräte dürfen aus diesem Grund keine hohen Temperaturen entwickeln und schon gar keine Funken auslösen. Beides sei bei gängigen elektronischen Produkten jedoch durchaus möglich, erklärt Diplom-Ingenieur Joachim Schuster. „Unsere Geräte dürfen in keinem Bauteil heißer als 150 Grad werden und müssen absolut funkenfrei arbeiten.“ Zugleich müssen die Spezialgeräte auch sehr widrigen Verhältnissen von minus 40 bis plus 65 Grad trotzen, beispielsweise in der Öl- und Gasförderung – vom Polarmeer bis zur Wüstenregion. Zu den Kunden des Kölner Unternehmens zählen fast alle großen Konzerne der Öl-, Gas-, Pharma- und Chemieindustrie weltweit, darunter auch Bayer und Lanxess. Die Exportquote des Spezialherstellers beträgt rund 80 Prozent.

Hightech-Manufaktur
Wirtschaftsdezernentin Ute Berg zeigt sich beim Rundgang durch die Hallen sichtlich beeindruckt: „Köln ist Heimatadresse zahlreicher Hidden Champions. Es ist immer ein Erlebnis, vor Ort zu sehen, mit welchem Engagement Technologieführerschaft erfolgreich auf- und ausgebaut wird. Wir sind sehr stolz darauf, ein Unternehmen wie R. Stahl HMI Systems am Standort zu haben.“ Faszinierend sei auch die Produktionsweise, denn Roboter sucht man in den modernen Werkshallen an der Adolf-Grimme-Allee vergebens. Schuster bestätigt diesen Eindruck und bezeichnet die Endmontage in Köln-Ossendorf als „Manufaktur“, in der die Produkte größtenteils in Handarbeit gefertigt werden. Rund die Hälfte des Teams ist in der Endmontage der HMI Systems tätig und muss dabei äußerst präzise arbeiten, wie der Geschäftsführer betont. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Qualifikation sowie Aus- und Weiterbildung.
Neben Verwaltung und Vertrieb gibt es eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Um Weltmarktführer zu bleiben, tüfteln die Ingenieure und Software-Experten in firmeneigenen Labors an immer neuen und sehr kundenspezifischen Produkten, die anschließend vor Ort auf Herz und Nieren geprüft werden. Für realitätsnahe Tests steht unter anderem eine hauseigene Klimakammer zur Verfügung, die extreme Temperaturen simuliert. Außerdem hat der Hidden Champion eine Spezialwerkstatt eingerichtet, die von elektromagnetischen Wellen aller Art abgeschirmt ist. „Ein absolutes Funkloch“, wie Joachim Schuster schmunzelnd erläutert. Zusätzliches Wachstum erhofft sich der Geschäftsführer von einem noch jungen Produktbereich, für den er ebenfalls verantwortlich zeichnet. Unter der Firmierung R. Stahl Camera Systems GmbH entstehen Spezialkameras, die wie die HMIs für die Schwerindustrie und extreme Einsatzorte konzipiert sind. Auch sie werden in Ossendorf gefertigt. Wirtschaftsdezernentin Ute Berg fasst ihre Eindrücke nach dem Rundgang zusammen: „Unternehmen wie R. Stahl HMI Systems unterstreichen die internationale Ausrichtung des Wirtschaftsstandorts. Sie machen sehr anschaulich deutlich, was alles von Köln in die ganze Welt geht.“

Fragen an … Joachim Schuster, Geschäftsführer R. Stahl HMI Systems
Haben Sie in Ihrem hochspezialisierten Technologiebereich Probleme bei der Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter?
Zum Glück nicht. Hier wirkt sich sicher der attraktive Standort Köln mit seiner hohen Lebensqualität, aber auch mit seinen Berufsschulen, Fachhochschulen und Universitäten sehr günstig aus. Natürlich tun wir auch intern sehr viel für die Weiterbildung unserer Mitarbeiter.

Rolle spielt der Kölner Standort innerhalb der Unternehmensgruppe?
Wir machen rund zehn Prozent des Umsatzes im Konzern. Damit gehören wir zu den erfolgreichsten Tochtergesellschaften der R. Stahl AG.
Die R. Stahl HMI Systems gilt als Hidden Champion in ihrem Segment. Wie sehen Sie die Position Ihres Unternehmens im globalen Wettbewerb?
Es ist ein kleiner, überschaubarer Nischenmarkt, in dem wir uns bewegen. Wir machen ungefähr 30 Prozent davon aus. Über Vertriebsgesellschaften mit insgesamt rund 300 Mitarbeitern werden unsere Produkte weltweit verkauft. Unsere Wettbewerber kommen dennoch fast ausnahmslos aus Deutschland. Die größte Markteintrittsbarriere sind Sicherheitszertifikate für diese Art von Produkten im Explosionsschutzbereich.
Beitragsbild: Marko Ruh