Aus dem Amt für Wirtschaftsförderung wurde KölnBusiness. Geschäftsführer Dr. Manfred Janssen will in der neuen GmbH flache Hierarchien einziehen und für schlanke Strukturen sorgen. Mit seinem neuen Team – demnächst am neuen Standort Börsenplatz 1 – will er sich marktnah aufstellen und auf die Kölner Unternehmen zugehen, sagt der Wirtschaftsförderer im Interview mit dem Kölnmagazin.

Herr Dr. Janssen, was gefällt Ihnen nach den ersten Monaten besonders an Ihrem neuen Job als Geschäftsführer der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH?

Ich habe es an anderer Stelle schon gesagt: Für den Bereich, in dem wir unterwegs sind, haben wir mit der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH das coolste Projekt Deutschlands. Nach den ersten Monaten ist und bleibt es diese spannende, wenn auch herausfordernde Aufgabe. Herausforderung deshalb, weil wir uns im Aufbau befinden und für die nächsten zwei bis drei Jahre damit noch genug zu tun haben werden. Ich bin aber der festen Überzeugung, wenn man uns lässt, dann wird man nach dieser Zeit auch sehen, dass sich grundlegend etwas geändert hat. Wir liegen bisher gut im Zeitplan, auch das Recruiting läuft gut. Der Schalter umgelegt wird dann sicher nach unserem Umzug: in Verbindung mit einer erhöhten Sichtbarkeit, einem neuen Auftritt und auch mit der Mannschaftsstärke, die wir dann haben.

Sie ziehen vom Stadthaus in Köln-Deutz auf die andere Rheinseite. Was versprechen Sie sich von der neuen Adresse Am Börsenplatz 1 und den dortigen Räumlichkeiten?

Der Umzug soll sowohl die Adressbildung als auch die Auffindbarkeit fördern. Außerdem haben wir in einem Bereich des Gebäudes die Möglichkeit, sehr offene Strukturen zu wählen. Dort werden wir Meetingflächen einrichten, die auch zu Veranstaltungsräumen für 50 bis 100 Personen umgerüstet werden können. Hinzu kommt eine Coworking-Area für unsere neue Startup-Unit, die sich um junge, technologiegetriebene Unternehmen kümmert. Es wird in diesem Bereich keine festen Arbeitsplätze geben, die Unit arbeitet selbst ähnlich wie ein Startup. Von dieser, den Dialog fördernden Offenheit versprechen wir uns Synergien.

Dialog und Offenheit, ist das ein neuer Ansatz der Wirtschaftsförderung?

Die mit der Gründung der GmbH verbundene Erwartungshaltung ist ja gerade, flexibler, marktnäher und service-orientierter zu sein. Also möchten wir uns mit unserer neuen Organisation näher am Markt aufstellen und insgesamt stärker nach außen öffnen. Dazu gehört eine stärkere Präsenz bei den Unternehmen – dies kann neben Unternehmensbesuchen auch durch Netzwerkveranstaltungen vor Ort erfolgen.

Spielen Events gerade bei Startups eine besonders wichtige Rolle?

Der Startup-Bereich ist tatsächlich stark Event-getrieben. Da hier viele Akteure unterwegs sind, müssen wir genau überlegen, was unsere Rolle dabei ist und an welchen Stellen wir einen Mehrwert schaffen können. Wir wollen nicht aneinander vorbei arbeiten. Es gilt vielmehr zu schauen, wo wir Dinge gemeinsam mit den Akteuren vor Ort noch stärker bündeln können. Dies gilt auch für den Eventbereich.

Sie möchten aber auch auf alteingesessene Unternehmen zugehen?

Genau, wir wollen mehr Gesicht zeigen und in die einzelnen Stadtteile und Gewerbegebiete gehen, um mit den dort ansässigen Unternehmen über die Entwicklungen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Häufig geht es um die üblichen Probleme wie Sauberkeit, Straßenbau oder Erschließungsfragen. Solche Dinge sollten wir nicht erst aus der Zeitung erfahren, sondern proaktiv in die Verwaltung spiegeln, bevor negative Schlagzeilen entstehen.

„Wir wertschätzen in höchstem Maße, was die Unternehmerschaft in und für Köln leistet“, sagt Dr. Manfred Janssen.

Sicher begrüßen Sie die Entscheidung, dass die Kölner Wirtschaftsförderung in eine GmbH ausgelagert wurde. Welche wesentlichen Vorteile und Chancen sehen Sie darin?

Wir haben die einmalige Chance, Strukturen völlig neu aufzubauen. Man wird das im Hinblick auf unsere Organisation sehr schnell merken. Beispielsweise werden wir uns, wo es nur geht, von Hierarchien verabschieden und mehrere Hierarchieebenen komplett streichen. Damit werden die internen Entscheidungswege schneller und wir können unsere Kunden noch besser, flexibler und schlagkräftiger unterstützen.

Können Sie so noch alle Pflichten erfüllen?

Eine neue IT wird uns dabei helfen. Zudem: Es ist sinnvoller, möglichst schlank zu starten und gegebenenfalls im einzelnen nachzujustieren, als von vornherein eine sehr komplexe Organisationsstruktur zu wählen.

Für die neuen Mitarbeiter ist das sicher kein Problem. Aber für die aus der „alten“ Wirtschaftsförderung stellt manches sicher eine große Umstellung dar. Oder freuen sie sich, dass sie endlich freier arbeiten dürfen. Wie schätzen Sie das ein?

Sowohl von den Mitarbeitern, die vom Amt in die GmbH gewechselt sind, als auch von neu eingestellten, die teils auch Verwaltungserfahrung haben, kommt bei mir an, dass sie sehr gern in flexibleren Strukturen mit schnelleren Entscheidungswegen arbeiten möchten. Das wird ganz explizit gesagt. Unser Storytelling, dass wir hier im Neuaufbau sind und den Anspruch haben, langfristig unter den Wirtschaftsförderungen in Deutschland ganz oben mitzuspielen, spricht viele sehr qualifizierte Kandidaten an. Sie schätzen kurze Wege und große Projektverantwortung. Flache Hierarchien können natürlich nur dann funktionieren, wenn die Verantwortung auf der Expertenebene sehr hoch ist. Aber genau das wünsche ich mir.

Unklare Verantwortlichkeiten sind ja eine häufig geäußerte Kritik an Verwaltungsapparaten …

Nach außen hin brauchen wir deshalb eine Person, die nach dem Prinzip „One Face to the Customer“ Ansprechpartner ist. Es ist aber auch klar, dass wir nur zusammen mit der Verwaltung handlungsfähig sind. Insofern ist es ein großer Mehrwert, wenn dieser Kümmerer aus der GmbH genau weiß, was läuft, vertrauensvoll mit der Verwaltung zusammenarbeitet, Verantwortung übernimmt und auch mal nachhakt. So wollen wir schnellere Reaktionszeiten und eine höhere Verlässlichkeit sicherstellen.

Das wird viele Unternehmen sicher freuen. Hat dieser Kümmerer denn einen exklusiven Draht in die Verwaltung?

Wir sind sogar doppelt angedockt. Einmal durch meinen Geschäftsführer-Kollegen, Michael Josipovic, mit einer herausgehobenen Dienststelle. Er kann im System nachfassen und prioritäre Unterstützung einfordern, falls mal etwas hakt. Wir haben auf der anderen Seite auch die direkte Anbindung an Markus Greitemann, den Baudezernenten der Stadt Köln. Dort befinden sich in unserem Haus die größten Schnittmengen, wenn es um Bau- und Genehmigungsfragen geht. Herr Greitemann ist gleichzeitig Mitglied im Aufsichtsrat der GmbH. Herr Josipovic ist wiederum bei Herrn Greitemann angesiedelt. Von daher bin ich sicher, dass die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert.

In der Ausgabe vor der Expo Real beschäftigen wir uns im Kölnmagazin intensiv mit dem Büromarkt. Angesichts einer weiter sinkenden Leerstandsquote, die bereits Richtung zwei Prozent tendiert: Engt das Ihren Spielraum bei der Standortvermarktung ein?

Leerstand ist ja eigentlich etwas Negatives. Man strebt also eine niedrige Leerstandsquote an. Wenn sie dann aber zu niedrig wird, ist sie de facto ein Hemmnis, und wir können nicht die Augen davor verschließen, dass wir eine Knappheitssituation haben, zumal Dienstleistungen und Büros die eigentlichen Wachstumstreiber in Köln sind. Dennoch gibt es im Bestand an vielen Stellen schon noch Büroleerstand, zum Beispiel in Immobilien, die sich nicht in bester Lage befinden. Aber auch in zentralen Lagen haben wir durch den Strukturwandel im Einzelhandel einige Leerstände. Als Wirtschaftsförderung sollten wir deshalb verstärkt Bestandsimmobilien in den Fokus nehmen, neben Neubau auch durch Umnutzung. Dafür suchen wir die Kooperation mit Projektentwicklern – sind da auch schon in guten Gesprächen mit Privaten –, um uns einen systematischen Marktüberblick zu verschaffen. Zum Beispiel auf der Expo Real können wir dann mit Entwicklungsprojekten gezielt Unternehmen ansprechen, die in unser Portfolio passen.

Dr. Manfred Janssen, Geschäftsführer der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH

Aber ohne große Neubauprojekte wird es sicher nicht gehen?

Das Gleiche wie für die niedrige Leerstandsquote gilt für Flächen, insbesondere die geringe Verfügbarkeit von städtischen Flächen. Diese machen die eigentliche Handlungsfähigkeit einer Kommune aus. Aus Sicht der Wirtschaftsförderung sollten wir als Stadt Köln anstreben, wieder etwas offensiver in Flächenentwicklungen zu gehen. Vieles ist ja auch in der Pipeline. Gerade Großprojekte haben allerdings häufig einen extrem langen Vorlauf. Kleinere Städte tun sich da mit Greenfield-Projekten etwas leichter. Andererseits: Wenn es einer Metropole wie Köln gelingt, sich im Bereich Gewerbe- und Industrieflächen handlungsfähiger zu machen, ist man in einer super Konstellation und kann am Markt einiges reißen. Trotz der Mangelsituation: Die harten Standortfaktoren sind hier extrem gut. Insofern ist Flächenentwicklung ein großes, langfristiges und strategisches Thema.

Trägt die gezielte Vermittlung von Immobilien zum Clustermanagement bei?

Grundsätzlich schwebt uns im Moment vor, dass wir uns auf drei Kernthemen fokussieren und drei Geschäftsbereiche haben, die diese abbilden. Die erste Säule, die „Unternehmen/Investoren“ heißt, ist die klassische Wirtschaftsförderung. Hier geht es um den Unternehmensservice, auch die Betreuung von internationalen Unternehmen. Eine klassische Aufgabe, die jede Kommune zu erledigen hat: Wie betreuen wir ein  einzelnes Unternehmen bestmöglich, das hier investieren möchte, das eine Fläche oder Immobilie sucht? Wie können wir das Unternehmen bei den zuständigen Verwaltungen und in Genehmigungsfragen unterstützen? Für die erste Säule, zu der auch das Startercenter gehört, haben wir einen sehr kompetenten Leiter gewinnen können, den bisherigen Leiter der Hildener Wirtschaftsförderung und Geschäftsführer der dortigen Grundstücksgesellschaft Kai Kröger.
Die zweite Säule, und da kommen wir zum Thema Clustermanagement, werden wir „Business Development“ nennen. Da beschäftigen wir uns nicht mit einzelnen Unternehmen, sondern richten den Blick auf Branchen, Innovationen und die Gesamtentwicklung am Standort. Hier werden wir uns um die Leitmärkte kümmern. Wir arbeiten gerade an einer Systematik, wie wir wichtige Branchen vernünftig abdecken können, ohne Schubladen zu schaffen. Wir möchten dabei in flexiblen Teams und Projekten denken. In dieser Säule werden wir auch das Thema Hochschulen stärker in den Fokus rücken, aus meiner Sicht der wichtigste Standortfaktor für Köln. Wenn wir ausloten, in welchen Branchen gerade richtig viel Potenzial steckt und diese mit Hochschulen und Startups zusammenbringen, haben wir die Triple Helix, in der wir in dieser Säule denken: Hochschule, Startups und Leitmarkt. Innovation entsteht genau aus der Mischung dieser drei Bereiche. Für die Leitung dieser Säule konnten wir Dr. Frank Obermaier begeistern, den bisherigen Chef der Leverkusener Wirtschaftsförderungsgesellschaft.

Was passiert in der dritten Säule?

Die wird „Marketing/Kommunikation“ heißen. Bei der Kommunikation des Wirtschaftsstandorts haben wir noch Luft nach oben. Es spricht meines Erachtens vieles dafür zu schauen, wie auch ein gemeinsames Marketing von Kommune, Wirtschaftsförderung und Unternehmen aussehen kann.

Wie beurteilen Sie Köln als Wirtschaftsstandort?

Es ist eine interessante Gemengelage. Einerseits stehen wir Entwicklungen wie bei Ford gegenüber, wo gerade viele Jobs abgebaut werden. Andererseits – dazu brauchen Sie nur aus dem Fenster des Stadthauses zu blicken – entstehen allein hier auf der MesseCity gerade bis zu 5.000 Arbeitsplätze. Oft höre ich kritische Stimmen, die die aktuellen Entwicklungen negativ darstellen. Aber nicht jedem dürfte klar sein, wie viel Arbeitsplätze in den vergangenen zehn Jahren in Köln entstanden sind. Es gibt heute nämlich über 110.000 mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort Köln als noch vor zehn Jahren. Das ist gigantisch. Insofern ist die Gesamtentwicklung am Arbeitsmarkt gut, vielleicht sogar sehr gut. Natürlich ist das keine Garantie, dass es so weitergeht. Negative Vorboten für ganz Deutschland sind ja da. Und man muss auch zugeben, dass sich die gesamte deutsche Wirtschaft über lange Zeit sehr positiv entwickelt hat.

Dr. Manfred Janssen im Gespräch mit dem Kölnmagazin.

Wo liegen Ihre Benchmarks?

Es ist sinnvoll, die Entwicklungen in anderen Städten zu verfolgen. Vergleiche mit den großen drei, Berlin, Hamburg und München, sind je nach Thema mal mehr, mal weniger hilfreich. Gleich dahinter kommen Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf oder auch Dortmund. Zu schauen, was dort läuft, kann nicht schaden. Gute Dinge kann man sich abgucken, schlechte muss man nicht wiederholen. Wenn Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Städten wie Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf betrachten, relativiert sich auch das Bild der positiven Entwicklung ein wenig. Köln muss sich nicht verstecken, aber was Strukturdaten angeht, liegen wir meist im unteren Drittel der großen Städte. Die Entwicklung in Köln ist an sich aber sehr positiv, und der Abstand ist nicht größer geworden.

Was kann eine Strategie für den Kölner Arbeitsmarkt sein?

Hochschule als Standortfaktor ist ein ganz wichtiger Punkt. Die jungen Leute kommen zu uns, werden hier ausgebildet und wollen meist auch gar nicht mehr weg. Das können wir noch viel mehr spielen.

Zur Person                                                               Dr. Manfred Janssen ist seit 1. April 2019 hauptamtlicher Geschäftsführer der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH. Der 47-Jährige war in seiner vorherigen Tätigkeit seit 2008 Geschäftsführer der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH(EWG). Nach einem Lehramtsstudium in Geographie und Anglistik an der Universität Osnabrück promovierte Manfred Janssen 1999 zum Thema „Mobilität und regionalökonomisches Entwicklungspotenzial“. Daneben greift er auf Erfahrungen als Unternehmensberater und Geschäftsführer einer interkommunalen Gesellschaft mit Aufgaben in der Wirtschaftsförderung, Standortentwicklung und des Clustermanagements zurück.

Die KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH erhält einen Betriebskostenzuschuss aus dem städtischen Haushalt. Streben Sie als GmbH an, zusätzliches Geld zu erwirtschaften?

Wirtschaftsförderung ist eine kommunale Aufgabe. Kommunen machen Wirtschaftsförderung nicht, um mit Wirtschaftsförderung Geld zu verdienen, sondern um mit Sekundäreffekten Einnahmen zu erzielen. Das wird so bleiben. Auf der anderen Seite: Je marktnäher wir sind und je spannender die Themen sind, die wir Unternehmen anbieten, desto eher kann es sich ergeben, dass beide Seiten in die Finanzierung einsteigen. Vor allem, wenn solche Projekte für beide Seiten Mehrwert stiften.

Was ist Ihnen bei der Neuaufstellung der Kölner Wirtschaftsförderung besonders wichtig?

Dass wir Gesicht zeigen und die Unternehmerschaft mitbekommt: Wir wertschätzen erst einmal in höchstem Maße, was die Unternehmerschaft in Köln und für Köln leistet. Denn die wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt ist die Grundlage für alles andere. Die Unternehmen sorgen dafür, dass wir hier Arbeitsplätze und Steueraufkommen haben und die Stadt finanziell handlungsfähig ist.

Hatten Sie privat schon Gelegenheit, Köln näher kennenzulernen?

Das Private kommt bislang natürlich etwas kurz. Aber es gibt im Rahmen von Netzwerkveranstaltungen immer wieder Gelegenheiten, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Veranstaltungen zu besuchen, ist für mich die beste Möglichkeit, die Stadt kennenzulernen. Erfreulicherweise finden solche Events häufig an spannenden Locations statt, die man sich sonst auch mal privat anschauen würde. Als Quintessenz kann ich aber sagen, dass einem das Ankommen in Köln sehr leicht gemacht wird.

 

Interview: Marko Ruh, Fotos: Birgitta Petershagen